04.10.2021
Wohn- und Pflegestift Wilhelmine-Canz-Zentrum in Großheppach

100. Geburtstag von Erwin Ellwanger

Erwin Ellwanger strahlt an diesem 4. Oktober und sprüht vor Lebensenergie: „Sie müssen wissen, vor 95 Jahren besuchte ich hier an dieser Stelle, wo heute das Wilhelmine-Canz-Zentrum steht, den Kindergarten der Großheppacher Schwestern. Noch gut kann ich mich an das Abschiedslied erinnern, das wir damals mit Schwester Luise Haiber sangen: ‚Vier Uhr hat es geschlagen, der Kindergarten ist aus…‘. Wir waren damals 42 Kinder in der Gruppe.“

Seit rund eineinhalb Jahren wohnt der Jubilar im Wilhelmine-Canz-Zentrum. Bis dahin hatte er sich in seinen eigenen vier Wänden versorgt. Auf die Frage, was sein Rezept war, so gesund und fit zu bleiben, antwortet er mit einem Lächeln: „Net liedrig sei und bequem werde! Ich habe schon immer viel Sport getrieben und mache noch jeden Tag meine Gymnastikübungen, um fit zu bleiben. Außerdem achte ich auf mein Gewicht. Ich bewege mich jeden Tag und laufe meine Strecke, jetzt mit Stock, aber einen Rollator möchte ich noch nicht benutzen, erst wenn es gar nicht mehr anders geht.“

Erwin Ellwanger ist Großheppacher Urgestein. Seine Familie lebt seit 250 Jahren im „Flecka“. 1939, mit 18 Jahren, wurde der gelernte Fensterbauer zunächst zum Arbeitsdienst und dann in den Wehrdienst eingezogen. In Bad Cannstatt wurde er zum Funker ausgebildet bevor er mit der Truppe ab Palermo nach Afrika eingeschifft wurde. „Ich hatte Glück, das Schiff, auf dem ich war, wurde nicht wie die beiden anderen von U-Boot-Torpedos versenkt.“ Noch gut erinnert er sich an die Hitze und Strapazen, denen er als Soldat beim Afrikafeldzug ausgesetzt war. „Wiederum hatte ich Glück, dass mein Vorgesetzter, wie ich, aus dem Remstal kam, der Reinhold Schäfer war ein Schnaiter, der hat sich um mich gekümmert. Ich musste nicht mehr auf die gefährlichen Einsätze mit, und als ich Amöbenruhr hatte, sorgte er, dass ich medizinisch gut versorgt wurde.“ 1943 bis 1948 verbrachte der junge Mann in Kriegsgefangenschaft, zunächst in den USA (Illinois) und dann ab1945 in Saarbourg / Frankreich: „In den USA habe ich ausklappbare Nähkästchen hergestellt. Ein Bayer hat sie mit Schnitzereien verziert. Diese Kästchen waren sehr beliebt. In Frankreich kam mir meine Ausbildung als Fensterbauer zugute.“ 1948 kehrte er aus der Kriegsgefangenschaft zurück und heiratete wenige Tage später seine Elfriede. Bis zu ihrem Tod vor 14 Jahren war das Ehepaar glücklich verheiratet. „Ich habe meine Frau nach ihrem Schlaganfall mit 84 Jahren jeden Tag im Pflegeheim besucht. Von 7 Uhr bis 19 Uhr war ich bei ihr - denn wir hatten uns versprochen, solange wir leben, immer füreinander da zu sein“, erinnert er sich.

Erwin Ellwanger übernahm 1953 den elterlichen Betrieb. Er baute den Fensterbaubetrieb aus und führte ihn 34 Jahre, bis der Sohn Fritz den Betrieb übernahm. „In meinem Leben gab es Höhen und Tiefen, ich habe immer nach vorne geschaut“, resümiert er. „Ich bin evangelisch erzogen worden. Mein Konfirmationsspruch aus Johannes 9,4 lautete: ‚Wir müssen die Werke dessen wirken, der mich gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand wirken kann.‘ Nach diesem Vorsatz habe ich gelebt und gearbeitet. Ich war immer ein Mann der klaren Worte und Entscheidungen, nicht rückwärtsgewandt, sondern mit dem Blick nach vorn.“
Heute freut er sich auf das Fest im Kreis mit der Familie des Sohnes, den Enkeln und den Urenkeln. Auf die Frage, was für Zukunftspläne er habe, lächelt er verschmitzt: „Nach der 0 kommt eine 1 – ich möchte meinen 101. Geburtstag gesund erleben. Ein langfristigeres Ziel habe ich nicht.“